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In memoriam Wolfram Naumann (1931–2021)

Das Kollegium des Japan-Zentrums der Ludwig- Maximilians-Universität München gedenkt voller Dankbarkeit dem vormaligen Inhaber des Lehrstuhls für Japanologie, Prof. Dr. Wolfram Naumann.

Wolfram Naumann war von 1969 bis 1996 Ordinarius für Japanologie im damaligen Institut für Ostasienkunde der Universität München und prägte die ersten Jahrzehnte japanologischer Forschung in München maßgeblich mit. Der Schwerpunkt seiner Forschungen lag im Bereich der vormodernen, vor allem mittelalterlichen japanischen Literatur und hier noch einmal in besonderem Maße auf dem Gebiet der Poetologie. Seine frühen Monographien beschäftigten sich unter anderem mit der damals von der Forschung noch wenig beachteten renga-Kettendichtung und anderen Formen japanischer Lyrik. Neben der Poetik des vormodernen Japan bilden Analyse und Übersetzungen der buddhistisch gefärbten mittelalterlichen Erzählliteratur (setsuwa) einen markanten Schwerpunkt seines publizierten Oeuvres. Die von ihm und seiner Frau, der Japanologin und Volkskundlerin Nelly Naumann (1922 - 2000) herausgegebene Anthologie mittelalterlicher japanischer Erzählliteratur erreichte auch ein breiteres Publikum. In der Lehre regte er Generationen von Studierenden dazu an, die Vielfalt japanischer literarischer Quellen selbst und direkt in Augenschein zu nehmen. In der anläßlich seines 65. Geburtstages publizierten Festschrift heißt es dazu: „Verborgene Sinngehalte, unorthodoxe Lesungen, ja Interpretationen gegen den Strich der etablierten Kommentare gehörten stets zu den Genußmomenten seiner Veranstaltungen, in denen die Heiterkeit der philologischen Forschung greifbar wurde.“[1]

Wolfram Naumann wurde am 2. September 1931 in Meißen geboren und studierte zunächst an der Universität München Rechtswissenschaften. Nach der ersten juristischen Staatsprüfung 1955 wandte er sich allerdings „einer inneren Neigung folgend“[2] ebenfalls in München dem Studium der Japanologie, Sinologie und Mongolistik zu, das er 1960 mit einer Dissertation zu einem Poetik-Traktat aus dem frühen 18. Jahrhundert abschloss. 1964 habilitierte er sich ebenfalls in München mit einer Arbeit über den spätmittelalterlichen Geistlichen und Dichter Shinkei. Von 1964 bis 1968 wirkte Naumann zunächst als Universitätsdozent in Münster, dann bis 1969 als Akademischer Rat an der Universität Freiburg. 1969 folgte Naumann einem Ruf nach München und übernahm die Nachfolge auf dem Lehrstuhl seines Lehrers Horst Hammitzsch, der 1965 an die neu gegründete Ruhr-Universität Bochum gewechselt war. Nach seiner Pensionierung lebte Wolfram Naumann in Südbaden und blieb noch für viele Jahre ein gern gesehener Gast und Gesprächspartner bei japanologischen Arbeitskreisen und Tagungen. Kurz nach Vollendung seines 90. Lebensjahres ist Wolfram Naumann am 14. September 2021 verstorben.

Für das Kollegium des Japan-Zentrums der LMU München
Klaus Vollmer

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[1] Stanca Scholz-Cionca (Hg.): Wasser-Spuren. Festschrift für Wolfram Naumann zum 65. Geburtstag. Wiesbaden: Harrassowitz 1997, S. X.
[2] Ebd., S. IX.




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